Beinwell, Symphytum officinale L.

Symphytum (griechisch) = zusammenwachsen lassen, verbinden

Gehört zu den Borretschgewächsen, Boraginaceae

Der üblicherweise gebrauchte botanische Name von Beinwell, Symphytum officinale L., ist insofern irreführend, als Beinwell keine klar definierte Art ist. Beinwell ist ein Komplex aus Hybriden, die durch Kreuzung verschiedener Symphytum-Taxa entstehen (Symphytum officinale ssp. Bohemicum, Symphytum officinale ssp officinale, Symphytum officinale ssp uliginosum). Die botanische Bezeichnung von Beinwell lautet daher genau genommen Symphytum officinale L. sensu lato, also „im weiteren Sinne“. Zugrunde liegt allen Hybriden ein mehr oder weniger großer Anteil von Symphytum officinale sensu stricto, also der eigentlichen Stammpflanze im engeren Sinne – eine Art, die in der reinen Form allerdings nur selten anzutreffen ist. In der Regel handelt es sich bei natürlichen Vorkommen von Beinwell stets um Hybride von Symphytum officinale sensu lato und Symphytum asperum Lepechien, die botanisch nach heutiger Nomenklatur als Symphytum x uplandicum Nyman bezeichnet werden.

Symphytum x uplandicum Nyman „Harras“ zeichnet sich insbesondere durch Abwesenheit von Pyrrolizidinalkaloiden in den oberirdischen Pflanzenteilen aus. Im Gegensatz findet sich bei Wichtl: Als Verfälschung ist die ebenfalls im Handel befindliche Wurzel von Symphytum x uplandicum Nymann anzusehen, die analytisch durch den Nachweis der Pyrrolizidinalkaloide Echidin und Symladin erkennbar ist, die in Symphytum officinale nicht vorkommen.

Volksnamen: große Wellwurz, Heilwurz, Schmeerwurz, Himmelsbrod, Hungerblume, Beinwurz, Bienenkraut, Chüechlichrut, Eselohrwurzel, Hasenlaub, Honigblum, Kuchenkraut, Schmalwurz, Schwarzwurz, Speckwurz, Wallwurz, Wottel, Zottel, Waldwurz, Wundallheil, Beinwurzel, Beinbruchwurzel, Heilwurzel, Schadheilwurzel, Wundwurzel, Milchwurzel, Komfrei, Schneewurzel,

Rasa (Geschmack): süß, zusammenziehend

Guņa (Eigenschaft): schleimig, trocken, erdig

Doşa: Vāta -, Pitta -, Kapha +

Vīrya (thermische Potenz): kalt

Vipāka (Wirkung nach der Verdauung): madhura (süß)

Die Wurzel wird hauptsächlich verwendet (wird im Herbst geerntet, sollte in der prallen Sonne getrocknet werden, kann für den Notfall eingefroren werden). Angeschnittene Wurzeln wachsen wieder zusammen, d. h. die Pflanze wird durch Ernte der Wurzel kaum geschädigt.

Die Blätter sind zusammenziehender und wirken entzündungshemmender.

Kommission E: positiv Monographie nur für äußerliche Anwendungen bei Prellungen, Zerrungen, Verstauchungen.


Botanik:

Die Pfahlwurzel ist außen schwarz, innen weiß und sehr schleimig.

Die mehrjährige Staude wird 0,5 bis 1 Meter groß, hat lanzettenförmige Blätter, die rau, borstig behaart sind und nach Gurken riechen.

Die Röhrenblüten sind glockenförmig rot-violett (Beinwellmännlein) oder gelb-weiß (Beinwellweiblein) oder blau und sind traubenförmig angeordnet. Die Blütezeit ist Mai ist September.

Vorkommen: feuchter Boden, Wiesen, Äcker, Waldlichtungen, in ganz Europa bis nach Sibirien, Asien, Nordamerika

Inhaltsstoffe:

  • bis 4,7% Allantoin (Beschleunigung des Zellaufbaus und der Zellbildung, löst Wundsekrete auf, verflüssigt Eiter, regt Granulation an; wird auch von Fliegenmaden ausgeschieden),
  • 4-6% Gerbstoffe,
  • Flavonoide,
  • Vitamin B12,
  • Schleimstoffe (Fructane, ca. 30%),
  • Stärke,
  • Symphyto-Cynoglossin (in den Blättern, wirkt schwach lähmend auf das zentrale Nervensystem),
  • Kieselsäure (kann Wasser aufnehmen, wirkt formend und festigend auf das Bindegewebe, unterstützt Wachstum von Haaren, Nägel und Haut),
  • Mineralien (gute Kompost- oder Düngepflanze),
  • Spuren von Pyrrolizidinalkaloide (Symphytin, Acetyllycopsamin, Acetylintermedin, Intermedin, Lycospasmin, Echimidin, Symviridin)  bis zu 1,2%, der Grenzwert von 100 ppm darf nicht überschritten werden, kann in Überdosierung Leberschäden hervorrufen),
  • Cholin,
  • Phenolsäuren (Hydrozimtsäurederivate, Chlorogensäure, Kaffeesäure Derivate der Rosmarinsäure, 0,5%, entzündungshemmend),
  • Phytosterole Triterpene (Isobauerenol, Oleanolsäure),
  • Triterpensaponine,
  • Glykopeptid (antiphlogistisch) mit Galaktose, Glucose, Fructose und Arabinose,
  • Inulin


Wirkungen: antiphlogistisch (entzündungshemmend), granulationsfördernd, fördert die Kallusbildung (Anregung der Knochenheilung), einhüllend, abschwellend, schmerzstillend (Blätter), gleichzeitig festigend und auflösend, stärkt Schleimhäute, narbenbildend, beruhigend, nährend, Auswurf fördernd, blutstillend, antimitotisch, Förderung der Wundheilung (Allantoin), Verflüssigung des Wundsekrets, wundreinigend, lokal reizmildernd, lokal analgetisch.

Die wirksamkeitsbestimmenden Inhaltsstoffe der Droge sind noch weitgehend unbekannt.

Indikationen: Knochenbruchpflanze und sportmedizinische Behandlungen.

Stumpfe Verletzungen, Prellungen, Quetschungen, Verstauchungen, Gelenkdistorsion (Zerrungen), Geschwüre, chronische Eiterungen (z. B. nach Knochenmarksentzündung), Schwellungen, Schmerzen, Gelenkleiden, Knorpelschäden, Rheuma, neuralgische Beschwerden, Rippenfellentzündung, unterstützend bei Tuberkulose, Mastitis, Sehnen- und Muskelentzündungen (Tennisarm), Gicht, Husten, Infektionen der Lunge, Magengeschwüre, schlecht heilende Frakturen, Muskelkater, Blut- und Reizerguss, Nagelbettentzündung, Furunkel, Thrombophlebitis, Lymphknotenschwellungen bei fieberhaftem Infekt, entzündlich-rheumatische Gelenkerkrankungen, Weiteilrheumatismus, Gonarthrose.

In einer Studie über Verstauchungen im Fußbereich ergab sich im direkten Vergleich mit Diclofenac-Gel eine signifikant bessere Wirksamkeit des Beinwellextrakts.

Kontraindikationen:

Äußerlich: bekannte Überempfindlichkeit (nicht länger als 4 Stunden auf der Haut belassen), offene Wunden, Schwangerschaft, Stillzeit, Kindesalter. Es kann zu Hautreaktionen kommen. Nur auf intakter Haut verwenden.

Innerlich: wegen der Toxizität der Pyrrolizidinalkaloide verboten.

Eine maximale Anwendungsdauer von 4 Wochen sollte nicht überschritten werden.

Bei Verwendung der Pyrrolizidinalkaloid-freien Varietät Symphytum x uplandicum Nymna ist die Anwendung auch auf verletzter Haut möglich.

Die in älteren Präparaten vorhandenen Pyrrolizidinalkaloide sind hepatotoxisch, mutagen und kanzerogen. Sie werden in der Leber in hochtoxische Pyrrol-Derivate metabolisiert. Wegen toxischer Gefahren wurde die Zulassung mit Auflagen verbunden.

Mittlerweile ist die Züchtung pyrrolizidinfreier Pflanzen gelungen, sodass dieses Problem bei den im Markt befindlichen Präparaten nicht mehr besteht.

Da die Droge wegen ihres Gehalts an hepatotoxischen Pyrrolizidinalkaloiden nicht als Teedroge verwendet werden kann, werden nur Fertigarzneimittel mit Extrakten aus pyrrolizidinalkaloidarmen Sorten der Pflanze eingesetzt, die zusätzlich durch Spezialverfahren weitgehend von diesen Alkaloiden befreit worden sind.


Zubereitung:

  • Arthrosepflaster: 100 g Beinwellwurzel in 1 Liter Wasser 10 Minuten kochen, filtern. Flüssigkeit für Umschläge verwenden.
  • Salbe: 2 Esslöffel Wurzel mit 200 ml gutem Öl erhitzen. Von der Kochstelle nehmen und über Nacht stehen lassen. Nochmals erhitzen, filtern. 30-40 g gereinigtes Bienenwachs in das Öl geben und schmelzen lassen. Abkühlen lassen, dabei immer wieder umrühren, damit es keine Klümpchen gibt. Bevor die Masse fest zu werden beginnt, ½ Teelöffel Propolis-Tinktur zugeben. Mindestens 1 Jahr haltbar.
  • Blätter direkt auf Wunden auflegen
  • Frischen Brei der Wurzel, auflegen
  • Tinktur: frische Wurzel in kleine Stücke schneiden, mit 40-50 %igem Alkohol aufgießen, 6 Wochen an einen sonnigen Platz stellen, ab filtern. Regelmäßig die schmerzen Gelenk einreiben.
  • Abkochung in Milch


Planet: Saturn: steht für die zusammenfügenden, festhaltenden und verhärtenden Kräfte; Blüten öffnen sich nicht zum Licht, sondern nach unten.

Andere Arten: Symphytum peregrinum (Comfrey, kanadischer Beinwell)


Geschichte:

  • Wurde schon von Dioskurides (1. Jh. Griechenland), Hildegard von Bingen (nannte den Beinwell Consolida, Consolidare = zusammenfügen) und Paracelsus verwendet.
  • Althochdeutsch: Beinwalla (walla = zusammenheilen), Wallwurz.
  • 1597, Gerard: Die schleimige Substanz der Wurzel in Molken von Bier getan und zu trinken gegeben gegen den Schmerz im Rücken durch heftige Bewegung wie Raufen oder übermäßige Anstrengung mit Frauen wird in vier oder fünf Tagen selbiges vollkommen kurieren.
  • 1653, Culpeper: hilfreich bei Frauenbrüsten, die wund geworden durch zu viel Milch darin eingeschossen: auch zur Stillung übermäßigen Blutens der Hämorrhoiden durch Kühlung der Entzündung der umliegenden Teile, und zur Linderung der Schmerzen.
  • Unklare Quelle: Wenn man das kraut samt der wurtzel wol in dem wasser zu einem bad siedet und die jungen witweiber darin zu baden macht, so werden sie wieder gleich als die jungfrauen.

Bei Nicholas Culpeper ist nachzulesen: „der Beinwell hat eine solche Kraft zu heilen und zusammenzufügen, daß zerteilte Fleischstücke wieder zusammenwachsen, wenn man sie mit Beinwell in einem Topf kocht.“ (Wikipedia)

Handelspräparate: Kytta Salbe (350 mg/g Paste), Kytta Plasma (300 mg/g Paste), Kytta Balsam (Merck), Traumaplant Salbe, Traumeel S Tabletten (homöopathisch)

Quellen:

  • Apotheker M. Pahlow, Das große Buch der Heilpflanzen
  • Petra- Angela Steigerwald, Naturheilmittel pocket
  • Susanne Fischer-Rizzi, Medizin der Erde
  • Elfrune Wendelberger, Heilpflanzen
  • Vasant Lad / David Frawley, Die Ayurveda Pflanzen – Heilkunde
  • Schilcher et al., Leitfaden Phytotherapie
  • Schüllner, Mur, Phytotherapie in der Rheumatologie, Zeitschrift für Phytotherapie 4-2012
  • Schmidt M., Beinwell-Herbaextrakt in der Phytotherapie, Zeitschrift für Phytotherapie 2012; 33: 114-117
  • Casetti F et al. Beinwellsalbe. Zeitschrift für Phytotherapie 2014; 35: 268-272
  • Blaschek. Wichtl – Teedrogen und Phytopharmaka, 6. Auflage
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